Das Fell des Bären

Kommentar zur Strategie des Reisekonzerns TUI

Boeing 787-9 und 737 MAX 8 in den Farben der TUI (© Boeing)
Boeing 787-9 und 737 MAX 8 in den Farben der TUI (© Boeing)

Tuifly, die deutsche Fluglinie des Reisekonzerns Tui, wird Ende nächsten Jahres ins Langstreckengeschäft einsteigen. Zunächst mit zwei Flugzeugen am Start soll die Flotte schnell auf bis zu fünf Flieger wachsen. Geliebäugelt hat die Führung der Airline schon länger mit diesem Schritt, indes galt es, die Konzerngremien und allen voran Tui-Chef Friedrich Joussen zu überzeugen. Der wollte in der Vergangenheit die Airline eher los werden als ausbauen.

Die Airline-Pleiten der vergangenen Jahre, von Air Berlin, Small Planet Airlines und Germania, hatten den Druck auf Tui erhöht, den Transport der Kunden selbst sicher zu stellen. Die unsichere Situation beim Konkurrenten Condor, der nach der Pleite des Mutterkonzerns Thomas Cook einen Käufer sucht, tat ein übriges, um auch Joussen von der Notwendigkeit, das Fluggeschäft auszuweiten, zu überzeugen. Zumal Tui Deutschland nach der Pleite von Thomas Cook mit deutlich mehr Reisenden bei den eigenen Veranstaltern rechnet – die Rede ist von zusätzlichen 500.000, das wäre ein Plus von fast 10%.

Bisher schickt Tui viele Kunden mit der Condor auf Reisen, die ein starkes Standbein im Langstreckengeschäft hat. Nun wird das Fell des Bären verteilt, bevor der Bär erlegt ist. Allerdings könnte es durchaus sein, dass Tuifly mit dem gestern verkündeten Schritt dafür sorgt, dass es mit der Condor schneller zu Ende geht. Denn ein möglicher Interessent muss die Wettbewerbssituation neu bewerten und kommt nun vielleicht eher zu dem Schluss, dass sich ein – hohes – Investment in Condor nicht lohnt.

Für die Airlinebranche insgesamt verschärft der Auftritt des neuen Mitspielers die sowieso schon angespannte Wettbewerbssituation. Die Pleiten der Vergangenheit haben nichts daran geändert, dass die Branche nach wie vor unter Überkapazitäten ächzt. Die durch das Aus von Air Berlin gerissene Lücke ist längst geschlossen, zudem haben Unternehmen wie Lufthansa das touristische Langstreckengeschäft für sich entdeckt. Das hat längst einen ruinösen Preiskampf zur Folge.

Tuifly ist allerdings dennoch in einer guten Startposition. Denn die Tui-Fluglinien bekommen eine gute Auslastung alleine schon durch die Reisenden der konzerneigenen Veranstalter zusammen, denen sie nun dank Langstreckenfliegern ein umfängliches Angebot machen können. Im Regen stehen die Airlines, die bisher mit Tui-Urlaubern unterwegs waren. Sie müssen sich noch mehr Geschäft im Einzelplatzverkauf erkämpfen, das geht in der Regel nur über den Preis und zu Lasten der Rentabilität.

Lisa Schmelzer/ots/Börsen-Zeitung

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