BDL: Baerbock-Aussagen unzutreffend

Aussagen der Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock zum Luftverkehr sind unzutreffend – Klimaschutz im Luftverkehr lässt sich aber nur auf Basis sachgerechter Analysen und zutreffender Fakten voranbringen.

Flugzeuge von Lufthansa und germanwings (© O. Pritzkow)
Flugzeuge von Lufthansa und germanwings (© O. Pritzkow)

Die Vorsitzende und Kanzlerkandidatin der Partei Bündnis 90/Die Grünen Annalena Baerbock hat sich in einem aktuellen Interview zu Flugpreisen und zur Besteuerung des Luftverkehrs geäußert (BILD am Sonntag und bild.de). In dem Interview stellt sie Behauptungen auf, die einem Faktencheck nicht standhalten. Um eine sachgerechte Diskussion über Klimaschutz und Luftverkehr zu ermöglich, stellen wir die Sachverhalte im Folgenden richtig:

Stichwort Verteuerung des Fliegens:

Zitat Annalena Baerbock: „Ja, ich finde es nicht fair, dass mit unser aller Steuergeld das Kerosin subventioniert wird, während Fernfahrten mit der Bahn gerade zu Stoßzeiten teuer sind.“

Fakt ist: Deutschland hat bereits vor zehn Jahren entschieden, den Luftverkehr einer Luftverkehrsteuer (LuftVSt) zu unterziehen. Diese ist streckenbezogen, bemisst sich also an der Länge der Flugstrecke und damit auch an den Treibhausgasemissionen. Eine vergleichbare Steuer gibt es im Bahnverkehr nicht. Den Weg über die LuftVSt und nicht über die Kerosinbesteuerung hat der Gesetzgeber aus einem wichtigen Grund gewählt: Die LuftVSt ist endzielbezogen von allen Fluggesellschaften abzuführen und kann damit nicht von Drittstaaten-Airlines umgangen werden. Bei einer Kerosinbesteuerung wäre genau das aber aufgrund von internationalen Abkommen der Fall. Dennoch an der Forderung nach einer Kerosinsteuer festzuhalten, ist kontraproduktiv. Insbesondere deshalb, weil eine zusätzliche Kerosinsteuer keine Emissionen senken würde, sondern lediglich den Luftverkehr zu Lasten deutscher Unternehmen und Arbeitsplätze zu Standorten am Bosporus und im Nahen Osten verlagern würde. Die LuftVSt ist – weil weitgehend wettbewerbsneutral – das geeignetere Bepreisungsinstrument. Den Klimaschutz wirklich voranbringen würde es, wenn die Politik die LuftVSt von einem reinen Fiskalinstrument zu einem Klimaschutzinstrument weiterentwickeln würde, indem die Einnahmen aus der Steuer für den Systemwechsel hin zu alternativen Kraftstoffen verwendet werden.

Extraschnelle Sprinter-Verbindungen: Kürzere Fahrtzeiten zwischen Metropolen (Foto: DB)

Stichwort Flugpreise vs. Bahnpreise:

Zitat Annalena Baerbock: „Wer als Familie mit dem Zug reist, sollte doch weniger zahlen als für die Kurzstrecke im Flugzeug.“

Fakt ist: Es ist unzutreffend, dass Fliegen innerhalb Deutschlands billiger ist als Bahnfahren. Diverse Analysen belegen regelmäßig, dass Fliegen innerhalb Deutschlands nicht günstiger ist als das Bahnfahren. Eine Auswertung von 15 Verbindungen ergab, dass in 83 Prozent der untersuchten Fälle die Bahnreise billiger war als der Flug – und das war sogar noch vor der Mehrwertsteuersenkung auf der Schiene und der LuftVSt-Erhöhung im Luftverkehr ab 2020. Weitere Studien bestätigen das, etwa diverse Auswertungen des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) und europaweite Auswertungen im Auftrag des Weltverbandes der Eisenbahnunternehmen. Für die allermeisten Reisenden ist das ausschlaggebende Kriterium nicht der Preis, sondern vor allem die Reisezeit. Bei Reisezeiten von nicht wesentlich mehr als drei Stunden lassen sich Passagiere zum Umstieg auf die Bahn bewegen.

Stichwort Kurzstreckenflüge:

Zitat Annalena Baerbock: „Und ja, Kurzstreckenflüge sollte es perspektivisch nicht mehr geben.“

Fakt ist: Luftverkehr trägt mit 4 Prozent aller inländischen Reisen nur einen kleinen Anteil zum innerdeutschen Verkehrsmittel-Mix bei. 96 Prozent der innerdeutschen Reisen finden mit der Bahn, mit dem Auto oder mit dem Bus statt. Insgesamt trägt der innerdeutsche Luftverkehr 0,3 Prozent zu den gesamten CO2-Emissionen in Deutschland bei. Nachdem in den vergangenen Jahren mit dem Ausbau von Hochgeschwindigkeitsverbindungen auf der Schiene viele Passagiere auf die Bahn umgestiegen sind, wird innerdeutsch im Wesentlichen nur noch auf langen Strecken geflogen, z. B. die Verbindungen Berlin-Stuttgart oder Hamburg-München. Hier ermöglicht es das Flugzeug den Reisenden als einziges Verkehrsmittel, an einem Tag an- und abzureisen und am Zielort Termine wahrzunehmen. Das wird gerade von Geschäftsreisenden stark nachgefragt. Rund ein Drittel aller Passagiere auf innerdeutschen Flügen reist nicht zu einem Ziel innerhalb Deutschlands, sondern steigt zu einem internationalen Ziel um. Der innerdeutsche Flug ist also Teil einer internationalen Flugverbindung, bei der Reisende etwa von Hamburg über Frankfurt nach Bangkok fliegen. Ein Verbot solcher Verbindungen würde nur dazu führen, dass solche Umsteigerpassagiere für ihre Langstreckenverbindungen nicht mehr deutsche sondern ausländische Luftverkehrsdrehkreuze (z.B. Paris, Amsterdam, London, Istanbul, Dubai) nutzen würden. Geflogen würde also trotzdem, nur nicht mit deutschen Fluggesellschaften und in vielen Fällen stattdessen sogar mit Umwegen. Statt mit nichts bringenden Verboten arbeiten die deutsche Luftverkehrswirtschaft und die DB AG gemeinsam an der qualitativen Verbesserung der Schnittstellen von Bahn- und Luftverkehr: mehr Bahnverbindungen unter drei Stunden, der Ausbau der Schiene, die Verbesserung des Gepäcktransports auf der Schiene und die Sicherstellung von Anschlusssicherheit etc. Mit diesen Maßnahmen wollen wir mehr Passagiere davon überzeugen, innerhalb Deutschlands den Zug statt das Flugzeug zu wählen. Wenn alle genannten Voraussetzungen gegeben sind, dann sehen wir ein Potenzial von ca. 4,3 Millionen Passagieren pro Jahr, die sich für Schiene statt Flugzeug entscheiden könnten. Das entspricht rund jedem fünften Passagier. Rechnerisch hieße das eine Senkung der Emissionen im inländischen Luftverkehr um etwa ein Sechstel.

Flughafen Frankfurt am Abend (© Fraport)
Flughafen Frankfurt am Abend (© Fraport)

Stichwort Dumpingpreise:

Zitat Annalena Baerbock: „Jeder kann Urlaub machen, wo er will. Aber eine klimagerechte Besteuerung von Flügen würde solche Dumpingpreise stoppen.“

Fakt ist: Steuern und Abgaben auf den Luftverkehr wurden in den vergangenen Jahren ständig erhöht. Dies hat im Luftverkehrsmarkt keine Sonderangebote und Dumpingpreise verhindert. Aus diesem Grund spricht sich die deutsche Luftverkehrswirtschaft für einen anderen Weg aus: Um zu vermeiden, dass Flugreisen nur aufgrund extremer Billigstpreise angetreten werden, sollte sich die Bundesregierung für eine EU-Regulierung einsetzen, die Dumpingpreise verhindert. Es sollte künftig EU-weit untersagt sein, Flugtickets zu einem Preis unterhalb der anwendbaren Steuern, Zuschläge, Entgelte und Gebühren zu verkaufen.

Die Luftverkehrswirtschaft sieht es als eine Kernaufgabe an, den Luftverkehr besser in Einklang mit dem Klimaschutz zu bringen. Trotz des pandemiebedingten massiven Einbruchs des Luftverkehrs halten wir an dieser Aufgabe fest. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft hat im Dezember 2020 einen Masterplan für Klimaschutz im Luftverkehr vorgelegt und seitdem weitere konkrete Vorhaben zusammen mit Politik und Industriepartnern erarbeitet. Wir setzen auf Innovation und attraktive Mobilitätsangebote, statt auf Verbote, wenn es darum geht, Fliegen und Klimaschutz in Einklang zu bringen.

Weitere Informationen zum Klimaschutz im Luftverkehr:

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) wurde 2010 als gemeinsame Interessenvertretung der deutschen Luftverkehrswirtschaft gegründet. Mitglieder des Verbandes sind Fluggesellschaften, Flughäfen, die DFS Deutsche Flugsicherung, Retail-Betriebe und weitere Leistungsanbieter im deutschen Luftverkehr.

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