Getümmel am Himmel

Ein Kommentar zur Luftfahrt von Heidi Rohde (Börsenzeitung)

Boeing 787 der Norwegian (CC D. Peacock)
Boeing 787 der Norwegian (CC D. Peacock)

Nach einem Kursgewinn von über 150% im vergangenen Jahr hat die Lufthansa-Aktie 2018 am ersten Handelstag mit einem rasanten Sinkflug begonnen. Der Coup der Airline-Gruppe IAG, die sich den Ferienflieger Niki für ein Zehntel des zuvor von Lufthansa gebotenen Kaufpreises unter den Nagel reißt, vergrätzt Anleger ebenso wie Politiker. Letztere wären indes besser beraten, sich mit Verbalattacken gegen die EU-Kommission zurückzuhalten, wenn sie nicht weiterhin den Argwohn über eine zweifelhafte Rolle des Staates im Insolvenzverfahren von Air Berlin nähren wollen.

Es ist nicht Aufgabe der EU-Wettbewerbshüter, für möglichst hohe Erlöse bei der Resteverwertung der Airline zu sorgen, damit die Bundesregierung ihren Überbrückungskredit wieder eintreiben und sich eine Blamage vor dem Steuerzahler ersparen könnte. Stattdessen muss Brüssel darauf achten, dass der Wettbewerb nicht durch eine zu große Marktmacht eines einzelnen Unternehmens gefährdet wird. Und das haben die Beamten getan.

Die Notlandung von Niki bei IAG macht nicht nur der Lufthansa, sondern vor allem auch den hiesigen Ferienfliegern Tuifly und Condor bzw. deren Müttern einen Strich durch die Rechnung. Sie hatten gehofft, dass mit der Pleite von Air Berlin und der von Niki Kapazitäten aus dem deutschen Markt genommen würden und der Preisdruck etwas nachlassen würde. Dass IAG die Air-Berlin-Tochter für nur 20 Mill. Euro und ein Übergangsgeld bekommt, zeigt, dass weder Thomas Cook noch Tui, die zuvor noch bereit gewesen war, ihre eigene Fluggesellschaft in einem Verbund mit Teilen von Air Berlin zu verbinden und so eine schlagkräftige deutsche Airline-Gruppe im europäischen Verkehr zu schaffen, geneigt waren, das Gleiche zu zahlen.

Damit haben sich alle Beteiligten hierzulande verzockt. Das Getümmel am Himmel wird nicht weniger, sondern mehr. IAG vergrößert die Reichweite ihrer Billigtochter Vueling, die den iberischen Markt bisher nur aus München und Frankfurt angeflogen hat, um das Netz der Niki, die ebenfalls über lukrative Landerechte in Spanien verfügt und somit nun einen guten Teil des deutschen Urlaubsverkehrs in den Mittelmeerraum der IAG-Gruppe zuführt. Die Lufthansa muss mit erweiterten Kapazitäten aus eigener Kraft bei Eurowings aufrüsten, um auch dieser neuen Konkurrenz Paroli zu bieten. Dabei sollte sie ihre Mittel mit Augenmaß einsetzen, denn zum Getümmel am europäischen Himmel zählen auch weiterhin die Flugzeuge der Alitalia. Wo diese notlanden, ist noch offen. Die Insolvenzverwalter setzen wie immer zuerst auf den Meistbietenden.

ots/Presseportal – Börsenzeitung

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